Geschlechtsbestimmung im Ei: Herausforderungen für Brütereien
Die Geschlechtsbestimmung im Ei ist technisch schon weit entwickelt, aber mit hohen Kosten, Platzbedarf und logistischem Aufwand verbunden, sodass Brütereien sorgfältig abwägen müssen, welches System am besten passt.
Wie einfach oder kompliziert lässt sich die Geschlechtsbestimmung in der Brütereipraxis umsetzen? Malte Wolter von der ab ovo Geflügelvermehrung GmbH aus Ahlen – einem inhabergeführten Familienbetrieb, der seit 2012 existiert – sprach auf der Veranstaltung des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) „Aktuelle Entwicklungen in der Legehennenhaltung: Braunleger oder Weißleger? Geschlechtsbestimmung oder Bruderhahnaufzucht?“ über seine praktischen Erfahrungen mit den Herausforderungen der Früherkennungssysteme zur Geschlechtsbestimmung im Brutei.
Kosten, Platz, Effizienz: Die größten Herausforderungen für Brütereien
Eine der größten Herausforderungen ist nach Aussagen von Malte Wolter der begrenzte Platz in Brütereien. „Wir sind in der Brüterei sehr stark organisiert, jede Fläche ist belegt. Da mal eben einige Hundert Quadratmeter für eine Früherkennungseinheit freizuräumen, ist fast unmöglich.“ Auch die Wahl der passenden Technik ist nicht trivial. Die Anschaffung einer Früherkennungsmaschine sei eine große Investition, sodass wohlüberlegt werden müsse, welches System sich am besten in den bestehenden Brütereiprozess integrieren lässt. Gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, dass die Abläufe effizient bleiben.
Malte Wolter von der ab ovo Geflügelvermehrung GmbH aus Ahlen
Seleggt oder Ella? Vor- und Nachteile aus praktischer Sicht
Bei ab ovo wird beispielsweise die In Ovo Ella Maschine genutzt. Der Prozess beginnt mit dem Schieren der Eier, um unbefruchtete Exemplare auszusortieren. „Wir zahlen für jeden einzelnen Test. Daher müssen wir vorher genau wissen, welche Eier wir überhaupt testen lassen“, erklärt Wolter. Danach wird den zu testenden Eiern etwas Allantoisflüssigkeit entnommen und analysiert. Bereits nach zehn bis fünfzehn Minuten liegt das Ergebnis vor, sodass eine Zwischenlagerung der Eier entfallen kann.
Das System habe entscheidende Vorteile: „Die Erkennung des Geschlechts geht schnell, die Maschine ist baulich relativ einfach gehalten und die Eier müssen nicht zwischengelagert werden.“ Dennoch gibt es auch Herausforderungen: „Die Verbrauchsmaterialien sind teuer, die Maschine lässt sich nicht so einfach in unseren bestehenden Prozess integrieren und wir mussten baulich einiges anpassen.“
Neben der Ella-Technologie nutzt ab ovo auch die Seleggt-Technologie, die derzeit als die präziseste Methode gilt. „Ein großer Vorteil ist, dass der Inhaber des Unternehmens ein Brutmaschinenhersteller ist und genau versteht, wie eine Brüterei funktioniert.“ Dennoch sei auch dieses Verfahren nicht perfekt. „Die Verbrauchsmaterialien sind teuer, die Integration in den Brütereiprozess ist komplex, der Personalaufwand ist hoch und es braucht bauliche Anpassungen.“
Trotz aller Fortschritte bleibt die Geschlechtsbestimmung im Ei eine Herausforderung.
Bruderhahnaufzucht: reine Ressourcenverschwendung?
Eine weitere Herausforderung in der Praxis von abovo ist die Bruderhahnaufzucht, denn das Unternehmen zieht alle männlichen Tiere eines Schlupfes auf. „Man wird auch in Zukunft nicht komplett ohne Bruderhähne auskommen“, sagt Malte Wolter, „es wird immer wieder Fehlsortierungen geben, die wir aufziehen müssen. Das ist für uns ein logistischer Mehraufwand.“
Die männlichen Tiere werden in Ahlen 84 Tage gemästet, damit sie das erforderliche Schlachtgewicht von 1,3 Kilogramm erreichen. Einen Bruderhahn aufzuziehen ist eigentlich eine Ressourcenverschwendung“, so Wolter. Die männlichen Tiere seien nicht für die Mast gezüchtet und setzten Futter nur ineffizient in Fleisch um. Trotzdem sei es wichtig, Wege zu finden, möglichst ressourcenschonend zu arbeiten.
Vermarktung der Bruderhähne: Wohin mit den männlichen Tieren?
Die Vermarktung der Bruderhähne sei eine weitere knifflige Aufgabe „Im Biobereich lässt sich das Ganze noch einigermaßen umsetzen“, sagt Malte Wolter. „Aber im konventionellen Bereich werden 90 Prozent der Tiere in Polen geschlachtet, schockgefrostet und nach Afrika exportiert. Dort blockieren sie den regionalen Markt – ein echtes Problem.“
Die Bruderhähne mästet die Fa. abovo 84 Tage.
Ein weiteres Hindernis sei die Integration in bestehende Schlachtprozesse. „Es war gar nicht so einfach, einen Schlachthof zu finden, der unsere Bruderhähne nehmen kann. Am Ende haben wir festgestellt, dass sie in Legehennenschlachthöfen am besten aufgehoben sind.“ Auch die Verladung der Tiere sei aufwendiger als gedacht. „Man braucht viel Manpower, um die Tiere ordentlich zu verladen und zur Schlachterei zu bringen.“
Ein Fazit
Trotz aller Fortschritte bleibt die Geschlechtsbestimmung im Ei eine Herausforderung. Malte Wolter: „Es gibt kein perfektes System. Man muss immer abwägen zwischen Effizienz, Kosten und den Auswirkungen auf den Brütereibetrieb.“ Sicher sei jedoch: Ganz ohne Bruderhähne wird es auch in Zukunft nicht gehen.
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