Rote Vogelmilbe: Neue Waffe in der Patentierung

13 November 2023
Rote Vogelmilbe
Rote VogelmilbeMilben

Die Tierärztliche Hochschule Hannover hat unter anderem zusammen mit einem Wirtschaftspartner eine neue wirksame Waffe ohne Chemie gegen die Rote Vogelmilbe entwickelt. Sie befindet sich derzeit in der Patentierung. Auf der DLG-Geflügeltagung in Celle gab es dazu Informationen.  

Für fast jede Legehennenhalterin und fast jeden Legehennenhalter gehört die Bekämpfung der Roten Vogelmilbe zum Alltagsgeschäft. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern weltweit. Wegen der Schadwirkungen auf das Tier (Juckreiz, Blutverlust, Unruhe im Stall, Leistungseinbußen, Übertragung von Krankheiten) und der hohen Vermehrungsrate muss der Parasit unbedingt regelmäßig bekämpft werden.

Bekämpfung des Schädlings ist sehr schwierig

Vollständig ausrotten kann man ihn kaum, da er zum Beispiel neun Monate ohne Nahrung irgendwo in einer Ritze im Stall überleben kann. Ziel ist deshalb eher, die Population niedrig zu halten. Zur Bekämpfung steht aktuell in Deutschland nur ein chemisches Akarazid zur Verfügung, die Rote Vogelmilbe entwickelt schnell Resistenzen. Ebenfalls zum Einsatz kommen können bekanntlich Silikatstäube.

Ein neuer, erfolgversprechender Ansatz wurde auf der diesjährigen DLG-Geflügeltagung in Celle vorgestellt. Vanessa Rüster von der Stiftung Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover promovierte zu einer neuer „Wunderwaffe“, die ganz ohne Chemie auskommt, sprich hier gibt es keine Gefahr von Resistenzen.

Kaltes Atmosphärendruckplasma ist die Wunderwaffe

Es geht um das sogenannte Kalte Atmosphärendruckplasma, dessen Anwendungsgebiet derzeit vor allem in der Medizin liegt. Plasma ist der vierte Aggregatzustand von Materie – neben fest, flüssig und gasförmig. Es entsteht, indem man ionisiertem Gas elektrische Energie zuführt. Charakteristisch ist ein violettes Leuchten bei diesem Vorgang. In der Medizin wird das Kalte Plasma eingesetzt bei schlechtheilenden Wunden oder zum Beispiel zur Dekontamination von chirurgischen Instrumenten – es wirkt keimtötend.

Nun soll es auch gegen die Rote Vogelmilbe im Geflügelstall zum Einsatz kommen. Wie das gelingen kann, erforschte Vanessa Rüster in ihrem Projekt an der TiHo. Mit beteiligt waren neben dem Stalleinrichter MIK International das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) und die Hochschule Göttingen.
Gearbeitet wird dabei mit einer sogenannten „dielektrischen Barriereentladung“. Der Strom fließt dabei zwischen einer oberen Elektrode (ummantelt) und einer Erdungselektrode. Die Rote Vogelmilbe muss sich zwischen den Elektroden befinden, um abgetötet werden zu können. In ihrer Promotionsarbeit untersuchte Vanessa Rüster, wie lange die Milben dem ausgesetzt werden müssen, welche Menge elektrischer Energie zugeführt werden muss und ob es Unterschiede gibt bei den einzelnen Entwicklungsstadien der Milbe.

Überzeugende Wirkung bei allen Entwicklungsstadien

Die Wirkung des Kalten Plasmas war sehr überzeugend: Alle Stadien der Roten Vogelmilbe vom Ei bis zum erwachsenen Weibchen waren zuverlässig nach spätestens zwölf Stunden abgestorben. Selbst die kürzeste getestete Dauer der Anwendung (0,2 Sekunden) und 10 Watt reichte dafür aus.

Wie anfangs erwähnt, befindet sich das Verfahren aktuell in der Patentierung. Für die Anwendung im Stall ist ein entsprechendes praxistaugliches Gerät, eine Art Milbenfalle, in der Entwicklung. Sie soll in bestehenden Ställen nachrüstbar sein und auch in belegten Ställen anwendbar. Die Hennen kommen mit dem Strom nicht in Kontakt, es entstehen auch keine hohen Temperaturen.

Das neue Verfahren ist nicht unbedingt dafür gedacht, einen Massenbefall zu eliminieren. Es kann etwa vor dem Neueinstallen genutzt werden, um die Milben-Population von Anfang an niedrig zu halten. Ansonsten kann es Bestandteil von Bekämpfungskonzepten mit verschiedenen Ansätzen sein.

Verfahren könnte zur EuroTier verfügbar sein

Denkbar wäre auch eine Anwendung des Kalten Plasmas gegen andere Schädlinge oder Lästlinge im Stall. Im kommenden Jahr spätestens zur EuroTier sollte es dazu mehr Informationen geben. In der Medizin und Pflege gilt das Kalte Plasma jedenfalls als Zukunftsthema.

Christa Diekmann-Lenartz
Bild: Vanessa Rüster

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