Zeitenwende am Bioeier-Markt

18 Juli 2023
Eiermarkt
Bio hennen und EIer

Marktanalyst Klaus Martin Fischer von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ebner Stolz berichtete auf dem 3. Ankumer Bio-Legehennen Forum von den Veränderungen, die er als Branchenkenner am Bio-Markt wahrnimmt.

 

Bewölkung am Bio-Himmel

Fischer beobachtet Veränderungen im Großen und im Kleinen: So verändern sich Werte, Verhaltensmuster und auch Essenszeiten. Die Bio-Branche musste letztes Jahr Einbußen hinnehmen, die Insolvenzen nach sich zogen, weiß allerdings nicht so recht, wie sie damit umgehen soll. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat unübersehbar Auswirkungen auf das Konsumverhalten und indirekt auch auf die Agrarpolitik, die von den Prioritätenlisten verschwand. Nichtsdestotrotz hat sich die EU mit dem Green Deal vorgenommen, die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2050 auf nahezu null zu reduzieren und erwartet damit von Wirtschaft und Konsumierenden eine einzigartige Transformation.

Marktentwicklung

In den letzten Jahren konnte die Bio-Branche jedes Jahr mehr Absatz verzeichnen; seit der Wirtschaftskrise 2009 wurden Rekordpreise bezahlt – im Jahr 2021 vor allem für Obst, Gemüse, Fleischersatz (eher gering) und natürlich das Bio-Ei, das allerdings Fischer zufolge mit einem Wahrnehmungsproblem zu kämpfen hat, da die Verbrauchenden den Unterschied zwischen Bodenhaltungs- und Bio-Eiern weder sehen noch schmecken können.

Der Bio-Markt stellt nach wie vor eine Nische dar. Der Ökolandbau liegt noch weit von den bis 2030 anvisierten 30 % Anteil entfernt – Fischer geht davon aus, dass dieses Ziel sich deutlich nach hinten verschieben wird. Der Gesamttrend sei aber robust und es werde auch in Zukunft Wachstum geben; welchen Umfanges, bleibt abzuwarten. Seit vielen Jahren ist der Gesamtmarkt erstmalig rückläufig mit einem Umsatzrückgang 2022 von 3,5 % und einem Mengenrückgang von 6 %.

Bio fordern aber nicht bezahlen

Fischer beobachtet Änderungen beim Einkaufsverhalten verbunden mit einer höheren Preissensibilität. Die Verbrauchenden nutzen vermehrt den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel statt spezieller Biofachmärkte für den Bio-Einkauf, was Auswirkungen auf die komplette Branche habe und Insolvenzen nach sich ziehe. An der Diskrepanz, dass viele Konsumenten Bio fordern, aber nicht bezahlen wollen, wird sich aus Fischers Sicht nichts ändern. Der Trend werde sich weiter in diese Richtung entwickeln und Lebensmitteleinzelhandel, Discounter sowie deren Eigenmarken werden den Markt beherrschen, wodurch die Preise sinken dürften – nicht zuletzt durch günstige Importe.

Sollte das 30 % Ziel erreicht werden, handelt es sich bei Bio-Erzeugnissen nicht mehr um Nischenprodukte. Und hier werde es schwierig, da Bio sich dann im unmittelbaren Preiswettbewerb mit konventionell erzeugten Produkten befinden werde.

Entwicklung des Bio-Ei-Marktes

Der Marktanteil von Bio-Eiern hat zugelegt, Eier aus Freilandhaltung haben etwas nachgelassen und der Marktanteil von Eiern aus Bodenhaltung bleibt konstant.

Bei den Verbrauchenden ist eine gewisse Kaufzurückhaltung bedingt durch die allgemein gestiegenen Preise zu beobachten: Es werden möglichst günstige Produkte mit möglichst hoher Qualität gesucht. Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ebner Stolz hat kürzlich 70 Preisstichproben von Bio-Eiern bei Biomärkten, Discountern und Einzelhandelsunternehmen durchgeführt und fand als günstigstes Produkt Bio-Eier im Zehnerpack für 3,19 Euro. Für diesen Preis ist die Produktion nach Ansicht von Klaus Martin Fischer unmöglich. Für Lebensmitteleinzelhandel und Discounter sind Bio-Eier allerdings Frequenzbringer, weshalb sie versuchen werden, dieses niedrige Preisniveau zu halten. Nachhaltigkeit, Tierfreundlichkeit (Kükentöten, Bruderhahn-Thematik), möglichst niedrige Produktionskosten und hohe Vermarktungspreise sind Themen, die große Herausforderung an die Bio-Branche stellen.

Mehr Kommunikation

Zusammenfassend hält Fischer mehr Kommunikation der Bio-Legehennen-Betriebe für notwendig. Beispielsweise glauben Konsumenten nicht an Unterschiede zwischen den Haltungsformen 0 und 1. Die Frage, welcher Verband der passendste ist, bleibt schwierig, da Erzeugende keinen qualifizierten Einfluss auf Verbandsentscheidung nehmen, wie beim Kükentöten deutlich werde, wobei hier eine europäische Lösung anzustreben sei. Fischer kritisiert die Doppelmoral in dieser Frage, da er keinen Unterschied zwischen dem Töten eines Kükens und dem Töten eines Bruderhahns sehen kann, außer dass der Bruderhahn viel mehr kostet.

Magdalena Esterer
Bild: Adobe_Stock_yanadjan

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